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Projektbeschreibung und Sammlungsgeschichte

 

Die hier präsentierte Wappenkollektion wird in der Bibliothek des Kunsthistorischen Instituts in Florenz, Max-Planck-Institut aufbewahrt. Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts ist ihre Geschichte eng mit der des Instituts verbunden und sie vereint in sich zwei unterschiedliche Sammlungen, die sich im Laufe der Zeit komplementär ergänzt haben:
- die Sammlung von Wappen Florentiner Familien mit 2516 Wappen und 22 Zeichnungen, die 1901 in den Bestand der Bibliothek aufgenommen wurde. Unter jedem der farbig gestalteten Wappen sind von Hand der dazugehörige Familienname, die Vorlage, aus der es kopiert wurde sowie gelegentlich weitere bibliographische Hinweise vermerkt.
- die Sammlung von Wappen Florentiner Kirchen, Hospitäler und Bruderschaften, ausgeführt nach dem Beispiel der in der Nationalbibliothek von Florenz aufbewahrten sog. Priorista, ein von Luca Chiari erstelltes Register der Zunftvorstände, wurde von Otto Wenzel kopiert und verzeichnet 313 Wappen.
Das Manuskript Luca Chiaris stammt von 1630 und enthält die Wappen der vier Stadtviertel und die Banner der 16 historischen Bezirke (gonfaloni) von Florenz, dazu die Wappen der bedeutendsten Florentiner Familien. Sowohl die Umrisse der Wappenschilder als auch das Format der einzelnen Einträge von Otto Wenzel folgen in der Gestaltung dem Beispiel der Sammlung von Wappen Florentiner Familien. Seitdem die Bibliothek des Kunsthistorischen Instituts die erste der beiden Kollektionen erwerben und schließlich durch die Sammlung der Kirchen- und Bruderschaftswappen ergänzen konnte, war es das Ziel, mit diesem Material die Forschung bei der Identifikation von Wappen an Fassaden, Grabmälern oder Altären zu unterstützen – ein Hilfsmittel also, das die kunsthistorische Recherche ergänzen und für die richtige Zuordnung von Kunstwerken, die Wappen aufweisen, von großer Bedeutung sein kann. Die Sammlung der Familienwappen wurde von Beginn an als ein solches Forschungsinstrument betrachtet, denn zusammen mit den Originalzeichnungen der Wappen ist ein handschriftliches Repertorium der Wappenfiguren erhalten, das in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts entstanden sein dürfte. Es handelt sich um eine Folge von Einträgen, unterteilt nach den verschiedenen Elementen. Zusätzlich sind die Namen der Familien verzeichnet, deren Wappen das entsprechende Element enthalten. So entstand eine Klassifikation nach Figuren und Gestaltungsprinzipien, die neben der deutschen Version auch eine italienische Übersetzung anbietet und in einigen Fällen auch mit einer Miniaturversion des jeweiligen Wappens versehen ist. Daran lässt sich ermessen, welchen Wert diese Sammlungen, die noch heute in ihrer ursprünglichen archivalischen Form aufbewahrt werden, für das Institut darstellen.
Mit dem Aufbau einer Datenbank zu den Florentiner Wappen, die nach einem Jahrhundert das Material online zur Verfügung stellt, unternimmt die Bibliothek des Kunsthistorischen Instituts zugleich einen neuen Schritt im Umgang mit heraldischen Quellen, der die Erforschung der Florentiner Wappen durch eine völlig neuartige Bilderkennung erleichtern und beschleunigen soll.

Die Projektphasen
Die erste Phase wurde 2005 in Zusammenarbeit mit der Photothek des Kunsthistorischen Instituts eingeleitet und galt der Digitalisierung der Wappenzeichnungen sowie einer Blasonierung, also einer den internationalen Standards der Heraldik entsprechenden Beschreibung der Wappen.
Die heraldischen Begriffe können zusammen mit den Familiennamen und weiteren Informationen den Ausgangspunkt für eine Recherche in der darauf ausgerichteten Datenbank bilden. Dr. Harald Drös, Leiter der Forschungsstelle „Deutsche Inschriften“ an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und international renommierter Heraldikspezialist, hat als Projektpartner die Blasonierung betreut. Das Grundkonzept der Datenbank geht auf die in jahrelangem Einsatz erlangten Erfahrungen der Photothek des Kunsthistorischen Instituts zurück. Darüber hinaus konnte auch das Deutsche Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg, als Partner gewonnen werden. Seit 2010 wird das Projekt auch von Dott.ssa. Laura Cirri, Expertin für Florentiner Heraldik und Mitglied der Académie Internationale d'Héraldique, wissenschaftlich unterstützt.

Ein völlig neues Rechercheinstrument, das über die bisher für Bilddatenbanken genutzten Modelle hinausgeht, wurde in Zusammenarbeit mit dem Istituto di Scienza e Tecnologia dell’Informazione (ISTI) des Consiglio Nazionale di Ricerca (CNR) in Pisa entwickelt: Eine neuartige Suchoption besteht in einer weit über die alleinige Beschreibung hinausgehenden computergestützten Bilderkennung. Neben der verbalen Indexierung, die das Auffinden der Wappen in der Datenbank unter zahlreichen inhaltlichen Kategorien ermöglicht, wurde eine auf Bilderkennung spezialisierte Software für das Wappenprojekt angepasst. Dabei werden die digitalisierten Bilder automatisch in dezidierte Bildfelder zerlegt, die mit Hilfe eines Algorithmus mit ähnlichen Feldern anderer Bilder abgeglichen wird. Das Ergebnis liefert ein Ranking der höchsten Ähnlichkeit.

Die Zusammenarbeit mit dem ISTI hat durch den Austausch mit seinen Informatikspezialisten zu einer Eröffnung von neuen Forschungsfeldern hinsichtlich der Möglichkeiten einer visuellen Analyse von Bildern geführt. Die computergestützte Analyse formaler Elemente aufgrund ihrer Ähnlichkeiten und ihrer Standardisierung hat die bisher geltenden Kenntnisse zu Fragen nach den Arbeitsprozessen und zur Tradition der Entwurfsprinzipien im Bereich der bildenden Künste grundlegend beeinflusst.
Das Kunsthistorische Institut wird auf der Grundlage dieser neuen Variante der visuellen Analyse von Bildern die eigenen Forschungen in geeigneten Fällen entsprechend ausrichten bzw. neue Forschungsfelder überhaupt erst erschließen.
In Zukunft soll eine mehrsprachige Suchmaske für die Datenbank erstellt werden. Zugleich wird an einer Grundstruktur für die Einfügung von Begriffen gearbeitet, durch welche die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen, die über digitale Wappensammlungen verfügen, auch dann ermöglicht wird wenn diese eine unterschiedliche Terminologie benutzen. Erste Gespräche mit Florentiner Archiven und Bibliotheken wurden bereits geführt.

 

 

Projektteam:

Ingeborg Bähr, Monika Butzek, Laura Cirri, Lisa Hanstein, Henrike Haug, Werner Schweibenz, Jan Simane

Kooperationspartner:

Harald Drös, Fabrizio Falchi, Charlotte Niemann, Fausto Rabitti



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